Unser vierter Tag
Freitag 18.10.2024
Heute ist der letzte Besichtigungstag, da stellt sich schon ein wenig Wehmut ein, so schnell vergeht die Zeit! Drei Betriebe freuen sich auf unseren Besuch, darum starten wir auch recht zeitig in den Tag, wir sind wieder im Freiland unterwegs
Betrieb 1: Frutas Oscar Morell
Verantwortliche: Oscar & Jonás Morell
Ort: Cheste, Provinz Valencia
Produkte: Orangen, Trauben, Aprikosen, Mandeln
Zertifikate: EG Bio, Ecovalia
Bio: seit 1984
Größe: ca. 50 ha Freiland
Mitarbeitende: Etwa 7 ganzjährig, zur Saison zusätzlich 20
Als Oskar und Gema Morell den Betrieb 1984 von ihren Eltern übernahmen, war ihnen von Anfang klar, dass sie das Land biologisch bewirtschaften wollen, aus Respekt vor den natürlichen Kreisläufen und der Umwelt. Heute ist daraus ein Familienbetrieb geworden, denn die Kinder Jonás und Amanda sind mit ihren Partnern ebenfalls im Betrieb integriert. Ökologische Produkte hatten in Spanien anfangs keine große Resonanz, deswegen wurde schon früh eine Vermarktung nach Deutschland und andere europäische Länder ins Leben gerufen. Heute vermarkten sie 20 - 25% ihrer Orangenernte an Naturkost Schramm.
Treffpunkt ist das Packgebäude, von dem aus wir mit dem Bus zu einer Orangenplantage weiterfahren werden, Jonás wird uns begleiten.
Im Packgebäude selbst ist ist es noch ruhig, weil die Orangen noch keine Saison haben, man kann aber erkennen, dass es hier nicht vollautomatisiert zugeht.
So wird nämlich das Gewicht der gefüllten Kisten kontrolliert - tolle antike Gewichte!
So sieht die Packstrasse für die Früchte aus.
Beim Thema Schädlingsbekämpfung haben wir alle, insbesondere aber die mitreisenden Gärtner:innen immer ein interessiertes Ohr. Besonderheit hier im Betrieb Morell: Eigene Nützlingszüchtung mit Marienkäfern im Kellerraum mit keimenden Kartoffeln.
Dazu kommen natürlich Methoden, die wir bei anderen Betrieben schon gesehen haben: Nützlingsunterstützung mit Insektenhotels, Blühstreifen und außerdem werden eigene Bienen zur Bestäubung gehalten.
Spannende Ergänzung: Engagement für Gemeinwohlökonomie
Neben dem Bio-Anbau engagiert sich Oscar Morell auch für weitere gesellschaftliche Anliegen. So ist das Unternehmen Gründungsmitglied der Gemeinwohlökonomie-Initiative in der autonomen Region (Bundesland) Valencia. Das Unternehmen bemüht sich sehr um das Wohl seiner Mitarbeite, davon zeugt auch die Ecovalia-Zertifizierung über Naturkost Schramm. Viele Mitarbeiter arbeiten bereits seit vielen Jahren im Unternehmen, wie Jonás berichtet. Da die Nähe zu Valencia das Wohnen in Cheste sehr teuer macht, hat die Firma beispielsweise zwei Wohnungen am Stammsitz gekauft, um sie zu günstigen Konditionen an Mitarbeiterfamilien zu vermieten.
Die 50 ha Anbaufläche verteilen sich auf 20 Parzellen, dabei ist die größte Entfernung zu Cheste 30 km. 9 ha liegen direkt am Naturschutzgebiet in Flussnähe, ein Joker in trockenen Zeiten.
Demetergrundsätze spielen in der Bewirtschaftung eine Rolle, das wird aber nicht dogmatisch praktiziert und deswegen gibt es dafür keine Zertifizierung.
Jonás erklärt anschaulich die Reifegrade, in der Regel arbeiten sie mit 3 Erntedurchgängen um immer optimal reife Früchte zu ernten. Der 1. Gang ist noch sehr selektiv, beim 2. Mal ist die Menge am größten und beim 3. Gang werden eher die innen liegenden Früchte beerntet. Ab 10 Grad Nachttemperatur beginnt die Ausfärbung, ideal sind 5 Grad.
Sie vermarkten grundsätzlich nur ihre eigenen Ernten, das garantiert Rückverfolgbarkeit und Transparenz.
Da Jonas in Süddeutschland länger in einem Gärtnereibetrieb gearbeitet hat, spricht er übrigens hervorragend Deutsch.
Die Bienenstöcke befinden sich außerhalb der Bestäubungssaison auf der elterlichen Finca. Einige Mitarbeiter:innen auf den Plantagen sind auf Bienenstiche allergisch und so geht man kein Risiko ein.
Zwei Wächter auf der elterlichen Finca ...
... da wären wir gern geblieben ...
... aber wir durften uns vor der Weiterfahrt noch im Packhaus stärken - lecker!
Betrieb 2: Citruslandia
Verantwortlicher: Alberto Jose Torres Martinez
Ort: Antella, Provinz Valencia, Finca Barranc del LLop und weitere Standorte
Produkte: Clementinen, Beeren, Kaki, Kiwi
Zertifikate: EG Bio, Global G.A.P., Ecovalia, Coopernic, Global G.A.P. "Spring"
Bio: seit 2000 an diesem Standort, gegründet 1997
Größe: gesamt ca. 97 ha Freiland
Mitarbeitende: Ausschließlich Festangestellte
Citruslandia ist eine Gemeinschaft von mehreren Kleinbauern, die bereits 1996 gegründet wurde. Zusammen mit seiner Familie betreibt Unternehmensleiter Alberto Jose Torres Martinez mehrere Farmen im Südwesten Spaniens. Wir besuchen heute die Finca Barranc del Lllop in der Nähe von Antella, gegründet 1997 und seit 2000 bio-zertifiziert. Hier werden drei Sorten Mandarinen (Mandarino Hybrid, Orri und Tango) und drei Sorten Clementinen (Clemenules, Esbal und Oronules) angebaut, daneben noch Orangen. Hier wirkt es im Umland deutlich trocken, umso wichtiger ist ein ressourcenschondes Wassermanagement. Für diesen verantwortungsvollen und sorgfältigen Umgang sind sie zusätzlich "Spring"-zertifiziert (Sustainable Program for Irrigation and Groundwater Use).
Auf unserem Rundgang begegnen uns die unterschiedlichsten Reifegrade: Von komplett grün ...
... über "schon auf dem besten Wege" ...
... bis zu pflückreif. Einige zu Boden gefallene reife Exemplare naschen wir im Gehen - absolut köstlich.
Bei Citruslandia steht Geschmack und Qualität an erster Stelle (das klingt uns von den anderen Betrieben bekannt). Der Stamm, auf den die eigentliche Sorte aufgepfropft wird (kann z.B. auch eine Bitterorange sein), entscheidet über die Qualität der Frucht. Wenn bei größerem Regenfall der Stamm Flüssigkeit zu schnell aufnimmt (modernere Sorten), ergibt das wässrigere Früchte und der Geschmack leidet. Ein weiterer Gesichtspunkt ist sorgfältiges Ernten, das macht 90% der Qualität aus. Auch aus diesem Grund wird auf einen festen Mitarbeiterstamm gesetzt, der mit seiner Erfahrung optimale Ernteergebnisse erzielen kann.
Das wird uns auch hier gut vermittelt: Leidenschaft für Qualität und ökologisches Handeln!
Hier sind gut die Gewebeplanen unter den Bäumen erkennbar, die für ein gutes Wassermanagement unerlässlich sind. Der weisse Anstrich auf den Stämmen dient der Vorbeugung, damit stärkere Temperaturschwankungen keine Risse in der Rinde verursachen und ein Einfallstor für Schädlinge und Pilze bilden können.
Bevor wir dann weiterziehen, setzen wir uns noch mal alle gemeinsam an einen Tisch. Leckere Salate, Tapas und kühle Getränke sind uns willkommen, bevor es dann zu unserer letzten Station geht.
Betrieb 3: Ecollevant
Verantwortlicher: Jaime Sanchéz
Ort: Villajoyosa, Provinz Alicante,
Produkte: verschiedenes Gemüse, Granatäpfel, Melonen, Feigen, Aprikosen
Zertifikate: EG Bio, Demeter, Ecovalia
Bio: von Anfang an seit 1995
Größe: gesamt ca. 65 ha überwiegend Freiland
Mitarbeitende: ca. 47 für Feld und Packhalle
Hier ist ein Bio-Überzeugter am Werk. Während seines Agrarstudiums sprach ein Professor über Bio-Anbau – er war sofort überzeugt „Bio ist mein Ding“, sagt Jaime Sanchéz. Vor 25 Jahren hat er auf einem kleinen Feld seines Großvaters mit Mispelbäumen mit Bio-Anbau angefangen und seinen Betrieb Ecollevant aufgebaut. Bis heute hat Jaime nicht aufgehört, immer wieder Neues auszuprobieren, Erfahrungen mit Bio zu sammeln und den Anbau zu verbessern. Im Einklang mit der Natur experimentiert er unter anderem mit Zwischensaaten von Leguminosen, die natürlichen Stickstoff sammeln oder mit der Beschattung der Melonen durch Wildpflanzen. „Die Biodiversität bereichert unsere Felder. Die Bienen und andere Bestäuber fühlen sich wohl hier und helfen uns.“ Jaime achtet auf die natürliche Umgebung und bezieht auch die Feldränder in seine Kulturen mit ein. Auch am Rande der Felder summt und brummt es – hier stehen große Lavendelbüsche, die Jaime dort gepflanzt hat oder wilde Blütenpflanzen, die Nahrung für Bienen und Insekten bieten. (Quelle: grenzenlos.bio/erzeuger)
Daneben setzt er auf Kompost und auf selbst erzeugte biodynamische Präparate, wichtige Komponenten für Demeter-zertifizierte Landwirte.
Wir werden von Jaime begrüßt ....
... und dann geht es gleich weiter zum Acker.
Hier wächst Spitzkohl, noch in den Anfängen.
Die Herausforderungen im Anbau sind vielfältig. Zu warmes Wetter lässt die Schädlinge stärker zunehmen, die Trockenheit führt dazu, dass Vögel vermehrt Früchte auffressen. Die Kältezeit für die Entwicklung mancher Kulturen fehlt oder ist zu gering, dass hat Einfluss z.B. auf die Erntesituation für die Aprikosen. Die Wasserversorgung erfolgt hier an diesem Standort mit einem Reservoir auf einer Anhöhe, das ermöglicht ein stromloses Bewässern. Grundwasser muss hier aus einer Tiefe von 100 bis 150 m befördert werden, ein gutes Wassermanagement ist also auch hier unerlässlich! Eine Solaranlage deckt 60% des Strombedarfs von Lager und Pumpen.
Von links nach rechts:
Kräuterbüsche - Blühstreifen - Staudensellerie
Nochmal Staudensellerie: Um eine kontinuerliche Ernte zu haben, wird zeitversetzt auf unterschiedlichen Schlägen angepflanzt. Erntebeginn soll ab ab 20. November sein und dann durchgängig bis in den April hinein.
Wuchs einfach so am Wegesrand: Rosa-Pfeffer-Baum. Der rosa Pfeffer ist gar kein Pfeffer, schmeckt auch nicht scharf sondern sehr aromatisch-eigen. Da mussten wir ein wenig mitnehmen für die heimische Küche.
Im Anschluss an die Feldbesichtigungen geht es noch in die Packhalle ...
Wie sind die Wege, wenn die Ernte in der Packhalle ankommt?
Granatäpfel, wie sie nie bei uns landen werden: Aussortiert wegen Schalenfehlern, werden natürlich noch anderweitig verwertet. Und sind lecker.
Und auch die aussortierten Kaki schmecken ganz prima.
Die Sonne steht mittlerweile tief, wir sind geschafft und warten auf den Bus, der uns zu unserem letzten gemeinsamen Abend ins Hotel in Alicante bringt.